
Drei Tote bei heftigen russischen Luftangriffen auf Kiew und Odessa

Russland hat die Ukraine in der Nacht zu Dienstag erneut mit massiven Luftangriffen überzogen. Bei den Angriffen mit mehr als 300 Drohnen und Raketen wurden in der Hauptstadt Kiew und der Hafenstadt Odessa nach ukrainischen Angaben drei Menschen getötet. In Odessa wurde unter anderem eine Geburtsklinik getroffen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte eine starke Antwort des Westens.
Im Zentrum Kiews hörte ein AFP-Journalist mindestens ein Dutzend Explosionen sowie die Geräusche der Flugabwehr und das Summen von Drohnen. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurde eine Frau getötet, vier weitere Menschen wurden verletzt. Von den Angriffen waren sieben Bezirke der Hauptstadt betroffen, wie Bürgermeister Vitali Klitschko mitteilte. Häuser und Autos seien in Brand geraten.
Aus Odessa wurden zwei Tote und mindestens neun Verletzte gemeldet. Wie der Gouverneur Oleh Kiper mitteilte, wurden in der südukrainischen Weltkulturerbe-Stadt eine Geburtsklinik, eine Notaufnahme und mehrere Wohngebäude von Angriffsdrohnen getroffen. Die Geburtsklinik sei rechtzeitig evakuiert worden.
Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, Russland habe in der Nacht Standorte der ukrainischen Luftwaffe und andere Militäranlagen in Kiew angegriffen. "Das Ziel der Angriffe wurde erreicht", teilte das Ministerium mit. "Alle vorgesehenen Objekte wurden getroffen."
Selenskyj erklärte, Russland habe in der Nacht 315 Drohnen und sieben Raketen auf die Ukraine abgefeuert, darunter zwei Raketen aus nordkoreanischer Produktion. Neben Kiew und Odessa seien auch die Regionen Dnipro und Tschernihiw Ziel von Angriffen geworden.
Es sei entscheidend, "dass die Welt auf diesen und ähnliche russische Angriffe nicht mit Schweigen, sondern mit konkreten Taten reagiert", erklärte Selenskyj, der sich in seinem Aufruf direkt an die USA und Europa wandte. Es müssten Taten von Washington folgen, "das die Macht hat, Russland in einen Frieden zu zwingen", schrieb Selenskyj in den Onlinediensten. Auch von Europa, "das keine andere Wahl hat, als stark zu sein", müssten Taten folgen.
Der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak forderte nach den Angriffen weitere Sanktionen gegen Russland. "Es ist Zeit, Sanktionen zu verhängen. Es ist an der Zeit, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen", schrieb Jermak im Onlinedienst Telegram. Es sei zudem an der Zeit, "dass alle endlich die Tatsache akzeptieren, dass Russland nur Schläge und keine vernünftigen Worte versteht", erklärte Jermak mit Blick auf die Regierung von US-Präsident Donald Trump.
Ukrainische Städte sind fast täglich Ziel russischer Luftangriffe. Bereits in der vorherigen Nacht hatte es eine beispiellose Angriffswelle gegeben. Nach Angaben aus Kiew wurde die Ukraine am Montag mit dem größten nächtlichen Drohnenangriff seit Kriegsbeginn überzogen. Die ukrainische Luftwaffe sprach von 479 Drohnen und 20 Marschflugkörpern. An zehn Orten seien "Einschläge" festgestellt worden.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, in Russland seien in der Nacht 102 ukrainische Drohnen abgefangen worden. In der Stadt Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine wurde nach Rettungsdienst-Angaben bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf eine Tankstelle ein Mensch getötet. Mehr als ein Dutzend Flughäfen schränkten nach Angaben der russischen Luftverkehrsbehörde vorübergehend den Flugbetrieb ein, unter anderem in Moskau und St. Petersburg.
Die erneuten Angriffe erfolgten eine Woche nach Waffenruhe-Gesprächen in Istanbul. Trotz einer Initiative von US-Präsident Trump sind in dem seit mehr als drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bisher alle Bemühungen um eine zumindest befristete Feuerpause gescheitert.
Das einzige konkrete Ergebnis der Gespräche in Istanbul war ein Gefangenenaustausch, der am Montag begonnen hatte und nach Angaben von Selenskyj "in den kommenden Tagen in mehreren Phasen fortgesetzt" werden soll. Ausgetauscht werden sollen alle schwer verwundeten oder kranken Kriegsgefangenen und sowie Soldaten unter 25 Jahren. Auch Tote sollen übergeben werden.
B.Michalski--GL